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Ergonomie

Der Begriff Ergonomie kombiniert zwei Wörter der griechischen Sprache: „Ergon“, die Arbeit und „Nomos“, das Gesetz. Damit kann Ergonomie wörtlich als die Lehre von der Gesetzmäßigkeit menschlicher Arbeit übersetzt werden.

Das Ziel der Ergonomie ist die menschengerechte Arbeitsgestaltung. Arbeitende Menschen sollen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten optimal einsetzen können. Voraussetzung hierfür ist, dass ihre Gesundheit erhalten wird sowie ihre Motivation und ihr Wohlbefinden beachtet und gefördert werden. Diese Zielsetzung ist gleichzeitig auch mit wirtschaftlichen Aspekten verknüpft. Ergonomisch gestaltete Arbeitsbedingungen leisten einen großen Beitrag zu effektivem und effizientem Arbeiten, da die Mitarbeiter sicher, gesund und leistungsfähig agieren können. 

Eine ergonomische Gestaltung fördert daher eine hohe Qualität des Arbeitsergebnisses und eine hohe Produktivität.

Ergonomie besitzt eine ganzheitliche Bedeutung, denn sie gestaltet den Arbeitsablauf mit allen dazugehörigen Arbeitsbedingungen. Hierzu gehören sämtliche Arbeitsmittel, z. B. Werkzeuge, Instrumente, Geräte, Maschinen, Hard­ und Software, die Arbeitsplätze, ihre Einrichtungen bzw. Installationen, die Arbeitsumgebung, z. B. Licht, Lärm, Klima, Strahlung, Schadstoffe, Vibrationen, die Arbeitsaufgaben, die Arbeitsorganisation sowie die Auswahl, die Ausbildung und das Training der Mitarbeiter. Es gilt also ein gesamtes System, ein so genanntes Arbeitssystem, zu optimieren.

Häufige Probleme aus ergonomischer Sicht am Dentalarbeitsplatz sind zum Beispiel:

  • Tischhöhe nicht individuell auf Körperhöhe einstellbar
  • Beinraum gewährleistet keine freie Fuß­ und Beinhaltung
  • zu starke Kopfneigung
  • fehlende oder ungünstige Armabstützung

Nutzen Sie die Hinweise zur Optimierung der Arbeitsplätze aus ergonomischer Sicht, um Muskel-Skelett-Erkrankungen des Oberkörpers sowie der Handgelenke vorzubeugen.

Gesetzliche Grundlagen

Ein Mindestmaß an ergonomisch gestalteten Arbeitsplätzen und deren Berücksichtigung in der Gefährdungsbeurteilung verlangt der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen.

  • Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet den Arbeitgeber zur Vermeidung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen sowie zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind, hat der Arbeitgeber durch die Beurteilung der Arbeitsbedingungen – durch eine Gefährdungsbeurteilung – zu ermitteln und entsprechende Schutzmaßnahmen abzuleiten.
  • Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) fordert, dass in der Gefährdungsbeurteilung unter anderem eingegangen wird auf:
    • die Gebrauchstauglichkeit von Arbeitsmitteln einschließlich der ergonomischen, alters­ und alternsgerechten Gestaltung,
    • die sicherheitsrelevanten einschließlich der ergonomischen Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren, Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf, Arbeitszeit und Arbeitsaufgabe
  • Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ist für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten maßgebend. Diese Verordnung regelt allgemeine Anforderungen unter anderem an Raumabmessungen, Verkehrswege, Beleuchtung, Lüftung, Lärm sowie soziale Einrichtungen.

Der Mensch, der Arbeitsplatz und die Arbeitsmittel

Körper- und Funktionsmaße

Eine wichtige Grundlage für die ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen, Vorrichtungen und Maschinen sind die Körpermaße des Menschen. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass jeder Mensch in seinen Körpermaßen einzigartig ist und es einen „Durchschnittsmenschen“ nicht gibt. Arbeitsplätze, die menschengerecht sein sollen, müssen daher immer für einen Körpergrößenbereich ausgelegt werden, der die Spannbreite von einer kleinen Person bis zu einer großen Person umfasst. Es ist aus wirtschaftlichen Gründen üblich, dies auf 90 % der möglichen Körpergrößen von Frauen oder Männern einzuschränken. Man wählt daher den Körpergrößenbereich vom 5. Perzentil, kleine Person, nur 5 % sind kleiner, bis zum 95. Perzentil, große Person, nur 5 % sind größer.

Welche konkreten Maße die „kleine Person“ und die „große Person“ nun aufweisen, findet sich in Statistiken zu Körpermaßen, in denen auch die Nationalität, das Geschlecht, die Körpermasse und das Alter berücksichtigt werden.

tastatur-haende.jpgGreifraum

Um Gegenstände mit der Hand zu berühren, zu greifen oder zu bewegen, sollten diese im jeweiligen Greifraum positioniert sein. Vor allem für die Einrichtung von Arbeitsplätzen kann es erforderlich sein, solche Greifräume als funktionelle Abmessungen des Menschen zu kennen. Greifräume sollten nach der kleinsten Person ausgelegt werden.

Manuelle Tätigkeiten im Grenzbereich des Greifraumes sind zu vermeiden, da sie hohe Anteile an statischer Haltearbeit erfordern. Aus dem gleichen Grund sind bei lang andauernden Tätigkeiten im Greifraum komfortable Armauflagen, z. B. für die Unterarme vorzusehen, sofern dadurch nicht die Bewegungen eingeschränkt werden.

Sehraum

Es gibt nur einen sehr eingeschränkten Bereich, in dem das Auge scharf sehen kann. Daher sind ständige Augen­ und Kopfbewegungen und oft auch Körperbewegungen notwendig, um am Arbeitsplatz die jeweils erforderlichen visuellen Informationen aufzunehmen.

Größe, Farbe und Kontrast des zu erkennenden Details sowie die Umgebungsfaktoren, Beleuchtung, Blendung, erzwingen die Sehdistanzen. Lang andauernde Arbeiten mit sehr kleinen Sehdistanzen führen zu erhöhten Beanspruchungen und sollten mit anderen Arbeiten oder einem Blick in die Ferne abgewechselt werden.

Ein ermüdungsfreies Arbeiten ist im Stehen unter einer Blicklinie von circa 30 ° und im Sitzen von circa 40 ° gegeben. Besonders wichtige Informationen sollten dabei möglichst nahe an die Blicklinie positioniert werden.

Bewegungs- und Wirkräume

Der Mensch muss sich an seinem Arbeitsplatz ungehindert bewegen können und seine Wirkräume, z. B. Greif­ und Sehraum, müssen menschengerecht gestaltet sein. Ist dies nicht der Fall, so sind ermüdende, gesundheitsschädigende und unfallträchtige Arbeitsweisen die Folge. Zwar schreibt der Gesetzgeber den Mindestbedarf z. B. an Bewegungsfläche und Luftraum vor, doch damit allein ist keine ergonomische Gestaltung gegeben. Vielmehr muss in Bezug auf Bewegungs- und Wirkräume folgendes beachtet werden:

  • Ein Arbeitsplatz dient nicht nur der ständigen Ausführung von Tätigkeiten, sondern er muss auch Freiräume, z. B. den Bein­/Fußraum, für entlastende Bewegungen bieten.
  • Jeder Arbeitsplatz benötigt neben den genannten Flächen auch einen Zugangsweg, dessen Breite 80 cm und nur in Ausnahmefällen mindestens 60 cm betragen soll.

Die Mindestgröße der Bewegungsfläche im Sitzen und Stehen beträgt 1,5 m², wobei die Tiefe und Breite mind. 1 m betragen muss. Bewegungs- und Wirkräume sind wichtige Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb. So stellt beispielsweise ein verringerter oder versperrter Bewegungsraum eine häufige Ursache für umständliche Arbeitsweisen, Fehler und Arbeitsunfälle dar.

hoeheneinstellung.jpgArbeitshöhe

Eine zu hohe Arbeitshöhe führt zu Verkrampfungen im Bereich des Nackens und der Schultern sowie zu statischer Haltearbeit der Oberarme. Ist die Arbeitshöhe zu niedrig, werden der Rücken und die Schultern übermäßig beansprucht. Die Bestimmung einer ergonomisch sinnvollen Arbeitshöhe ist daher von Bedeutung. Sie hängt sowohl bei stehender als auch bei sitzender Tätigkeit von drei Faktoren ab:

  • Arbeitsaufgabe, z. B. feine, visuell anspruchsvolle Arbeit
  • schwere Arbeit mit Krafteinsatz
  • Körpermaße der jeweils dort arbeitenden Person
  • Höhe des Arbeitsgegenstandes

Sitzen und Stehen

Ständiges Sitzen oder lang andauerndes Stehen ist ungesund. Allgemein führt jede Körperhaltung, wenn sie über längere Zeit eingenommen werden muss, zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Das Konzept des dynamischen Sitzens hilf, das Risiko dieser Beeinträchtigungen zu minimieren: Es muss an jedem Arbeitsplatz möglich sein, die Körperhaltung zeitweise zu wechseln. Falsches Sitzen kann auf Dauer zu vielfältigen körperlichen Beschwerden führen: Durchblutungs- und Verdauungsstörungen, Muskelverspannungen, Kopfschmerzen, Skeletterkrankungen, besonders der Wirbelsäule. Eine falsche Sitzhaltung schmerzt nicht sofort, die gesundheitlichen Probleme schleichen sich allmählich ein – eine Korrektur der Sitzgewohnheit erfolgt oft zu spät.

Am besten ist das „dynamische Sitzen“, also wechselnde Sitzhaltungen: mal nach vorne geneigt, mal aufrecht, mal nach hinten gelehnt. Dieser Wechsel verhindert statische Belastungen der Wirbelsäule und der Rückenmuskulatur.

Bürodreh- und Arbeitsstühle

Bürodreh­ und Arbeitsstühle haben die Aufgabe, Becken und Lendenwirbelsäule stabil zu halten, die Bandscheiben zu entlasten, den Druck auf Haut, Oberschenkel und Gesäß zu mindern und die statische Dauerbelastung für die Muskulatur und die Bandscheiben zu verringern. Der „richtige“ Stuhl:

  • hat eine neigbare Rückenlehne, deren Bewegungswiderstand sich an das Körpergewicht des „Besitzers“ anpassen lässt
  • hat eine Stütze für die Lendenwirbel, die sich in der Höhe verstellen lässt
  • hat eine Sitzfederung, so dass beim Hinsetzen der Druck auf die Bandscheiben abgefedert wird
  • hat eine neigbare Sitzfläche, die sich dem Haltungswechsel anpasst
  • hat eine verstellbare Sitztiefe, so dass zwischen Oberschenkel und Knieinnenseite ca. 5 cm Platz einstellbar ist
  • ist in der Höhe verstellbar

Die richtige Sitzhöhe hat man, wenn die auf dem Tisch liegenden Unterarme einen rechten Winkel zum Oberarm bilden. Die Füße sollen mit der ganzen Fußfläche auf dem Boden stehen, die Oberschenkel waagerecht sein, besser noch ein wenig nach unten zeigen. Bei festen Tischhöhen hilf eine Fußstütze, wenn die Füße nicht vollflächig auf dem Boden stehen.

Arbeitsumgebung

Neben Lärm und Vibrationen gehören auch das Raumklima und die Beleuchtung zu den Faktoren der Arbeitsumgebung, die die Leistungsfähigkeit des Menschen beeinflussen.

Raumklima

Das Raumklima am Arbeitsplatz beeinflusst die Leistungsfähigkeit des Menschen und kann seine Gesundheit beeinträchtigen. Darüber hinaus tragen die klimatischen Bedingungen wesentlich zum persönlichen Empfinden bei.

Für die Beurteilung des Raumklimas gilt es, folgende vier physikalische Größen gemeinsam zu bewerten:

  • Temperatur der Raumluft
  • Strahlungstemperatur der Raumbegrenzungsflächen
  • Feuchtigkeit der Luft
  • Luftgeschwindigkeit

Temperatur und Strahlungswärme

Für Lufttemperaturen lassen sich nach Art der Tätigkeit Empfehlungen geben. Bei hohen Außentemperaturen sind die Temperaturwerte dieser Empfehlung um 2 bis 4 °C nach oben anzupassen Mit Bezug auf die Strahlungstemperatur kann davon ausgegangen werden, dass eine gute Behaglichkeit dann erreicht wird, wenn sich die Temperatur der Begrenzungsflächen nicht mehr als ± 4 °C von der Raumlufttemperatur unterscheidet.

Sehr hohe Außentemperaturen und Sonneneinstrahlung können zu Raumtemperaturen von über 30 °C führen, die eine deutliche Verminderung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit bewirken. Lamellenstores oder Stoffstores bewähren sich nur dann als gute Schutzmaßnahmen, wenn sie außen vor dem Fenster installiert sind.

Luftfeuchtigkeit

Der Komfortbereich liegt zwischen 30 % relativer Luftfeuchtigkeit (r. F.) im Winterbetrieb bei einer Raumtemperatur von 19 bis 24 °C, und 65 % r. F. im Sommerbetrieb bei Raumtemperaturen von 22 bis 28 °C. Es ist medizinisch unbedenklich, wenn diese Grenzwerte gelegentlich, also an wenigen Tagen im Jahr, bis 20 % r. F. unterschritten oder bis 75 % r. F. überschritten werden. Für eine gute Funktion der Schleimhäute von Atemtrakt und Auge ist allerdings ein Minimum an Luftfeuchte erforderlich, die umso größer anzusetzen ist, je staubhaltiger die Luft ist.

Luftgeschwindigkeit

Bei leichter Tätigkeit sollte die Luftbewegung folgende Werte nicht überschreiten:

  • im Winterbetrieb bei circa 20 °C Raumtemperatur: 0,15 m/s
  • im Sommerbetrieb bei circa 24 bis 28 °C Raumtemperatur: 0,25 m/s

Beeinträchtigungen aufgrund von Zugluft treten vorwiegend bei sitzender oder stehender Tätigkeit auf, wenn die körperliche Bewegung eingeschränkt ist. Solche Beeinträchtigungen können innerhalb eines Raumes an verschiedenen Stellen und in eng begrenzten Bereichen auftreten. Daher dürfen Klagen über Zugluft keinesfalls als „Einbildung“ missverstanden werden.

Wenn die Ursachen unklar oder nicht zu beseitigen sind, kann Abhilfe, eventuell durch das Umstellen des Arbeitsplatzes oder durch das Aufstellen von Trenn­wänden, erzielt werden.

Quellen/Medien: