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Hautschutz

Zahntechnikerinnen und Zahntechniker sind einer hohen Hautbelastung durch die eingesetzten Substanzen, Materialien und entstehenden Stäube ausgesetzt. Im Vergleich mit anderen Berufsgruppen treten deshalb überproportional häufig berufsbedingte allergische Hauterkrankung auf. Die häufigste Berufskrankheit in der Branche ist die BK 5101 „Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen".

Dahinter verbergen sich zahlreiche Einzelschicksale mit einem oft langen Leidensweg, an dessen Ende im Rahmen eines Hautarzt- oder Berufskrankheiten-Verfahrens die Aufgabe des Berufes und eine Umschulung stehen kann.

Ursachen für die Hauterkrankungen der Zahntechnikerinnen und Zahntechniker

Das Grenzorgan Haut erfüllt neben anderen Funktionen die Aufgabe, den Organismus vor physikalischen, chemischen und mikrobiellen Einwirkungen zu schützen. Diese Barrierefunktion übernimmt bei der gesunden Haut die Hornschicht. Schädigende Einflüsse können die Barrierefunktion mindern. Auch können geringe Dosen an Reizstoffen zu einer Schädigung der Haut führen, wenn diese über einen längeren Zeitraum immer wieder einwirken. Dazu gehören z. B. Säuren, Wasch-, Reinigungs- und Spülmittel, Feuchtarbeit und Lösemittel sowie mechanische Reize, die im Dentallabor in Form von Gips-, Metall-, Keramik- und Kunststoffstäuben vorkommen.

Rund 90 % der Hauterkrankungen sind entzündliche Hautausschläge, Ekzeme, überwiegend an den Händen. Jedoch können auch andere Körperstellen wie Gesicht, Hals, Unterarme etc. betroffen sein. Auslöser der Ekzeme ist in der Regel der ungeschützte Umgang mit den Arbeits- und Hilfsstoffen im Dentallabor. Der Hautkontakt entsteht entweder durch die bewusste Berührung oder durch „geduldeten“ Kontakt mit Stäuben, Flüssigkeiten, Aerosolen, Dämpfen usw. bei der Arbeit. Ständig wiederkehrende schädigende Einwirkungen über einen längeren Zeitraum können zu der so genannten Abnutzungsdermatose führen, nichtallergisches Kontaktekzem. Eine weitere Möglichkeit der Hautschädigung bei einem Zahntechniker besteht durch ein allergisches Kontaktekzem, welches durch Allergene wie z. B. 2-Hydroxyethylmethacrylat ausgelöst wird. In der Regel wird das allergische Kontaktekzem durch wiederholten Hautkontakt mit den Allergenen begünstigt.

Die relevanten Allergene im Dentallabor finden sich überwiegend im Bereich der Dentalkunststoffe. Führende Allergene der Zahntechniker sind 2-Hydroxyethymethyl-acrylat, Ethylenglykoldimethacrylat, Methylmethacrylat und 2-Hydroxypropylmeth-acrylat. Aufgrund der Tätigkeiten im Dentallabor finden sich die Hautveränderungen insbesondere an den Fingerkuppen, Fingerseitkanten Fingerrücken. Auch können Aerosol- und Schleifstaub-exponierte Gesichts- und Halspartien betroffen sein.

Eine der gefährlichen „bewussten“ Berührungen eines Gefahrstoffes mit hohem Sensibilisierungspotenzial ist das Verteilen von Monomerflüssigkeit mit dem bloßen Finger auf dem Prothesenkunststoff, um ihn zu glätten. Die Folge kann ein irritatives oder allergisches Kontaktekzem sein. Eine echte Heilung des allergischen Kontaktekzems ist nur durch strikte Meidung des Allergens möglich.

Im Zusammenhang mit hautschädigenden Stoffen werden häufig die Begriffe sensibilisierend und irritativ verwendet. Zum besseren Verständnis der hautschädigenden Vorgänge und der notwendigen Schutzmaßnahmen deshalb hier eine Erläuterung der Begriffe.

Sensibilisieren bedeutet in der Medizin: Erzeugen einer Überempfindlichkeit, Allergie, des Organismus gegen körperfremde Substanzen nach dem ersten Kontakt. Die Überempfindlichkeit entsteht, wenn Substanzen in den Körper eindringen, die dieser als „fremd“ erkennt und abwehren will.

Dazu hat der Körper spezifische „immunkompetente“ Zellen, die durch Sensibilisierung so verändert werden, dass der Organismus auf den nächsten „Angriff der Fremdlinge“ unverhältnismäßig stark reagiert. Dieser Zustand ist der Zustand der Allergie, der Überreaktion. Bei einem zweiten und folgenden Kontakt mit dem gleichen Stoff kann sich dann Hautausschlag entwickeln: das allergische Kontaktekzem.

Die Ekzeme können sich nur zurückbilden, wenn der Kontakt zu dem Stoff vollkommen unterbleibt; bei erneutem Kontakt, auch in geringsten Dosen und nach langer Zeit, können sie wieder auftreten und schließlich Grund für einen Arbeitsplatz­ oder gar Berufswechsel sein.

Irritativ bedeutet im medizinischen Sinne reizend, eine Hautirritation ist also eine Hautreizung. Die Haut kann gereizt, irritiert, werden durch den Kontakt mit entfettenden Stoffen, wie z. B. Waschmittel, Säuren, Laugen, Stäuben oder durch Arbeitsstoffe wie Acrylate oder Peroxide, die zusätzlich noch sensibilisierend sind. Die Reizungen können zu einem Ekzem führen, dem irritativen Kontaktekzem. Dieses äußert sich anfangs als Rötung, dann als Hauttrockenheit oder Schuppung. Liegen bei Beschäfigten bereits dermale Irritationen vor, so besteht häufig eine größere Anfälligkeit für ein allergisches Kontaktekzem. Die sensibilisierenden Stoffe können durch die gereizte oder gar entzündete Haut besser in den Körper eindringen.

Im chronischen Stadium ist das Erscheinungsbild des allergischen und des irritativen Kontaktekzems kaum zu unterscheiden.

Arbeiten im feuchten Milieu, so genannte Feuchtarbeiten, können die Haut gefährden. Das gilt auch für das längere Tragen von Handschuhen, die flüssigkeitsdicht sind. Der Handschweiß kann nicht verdunsten, die feuchte Haut weicht auf und kann ihre natürliche Funktion als Schutzbarriere nicht mehr erfüllen; Bakterien, Schmutz und Schadstoffe können in tiefere Hautschichten eindringen.

Voraussetzung für die richtige Auswahl und Umsetzung wirksamer Hautschutzmaßnahmen ist die Gefährdungsbeurteilung unter Mitwirkung des Betriebsarztes. Jeder Arbeitsbereich sollte deshalb auf mögliche hautgefährdende Tätigkeiten hin untersucht und Art und Umfang der Hautgefährdung bewertet werden:

  • physikalische Einwirkung, z. B. Austrocknen durch Gipsstäube oder Mikroverletzungen durch Metallabrieb; thermische Einwirkungen, z. B. bei der Muffelhandhabung
  • chemische Einwirkung durch sensibilisierende Stoffe, z. B. Methylmethacrylat oder durch ätzende Stoffe, z. B. Säuren
  • biologische Einwirkung, z. B. durch mikrobiell kontaminiertes Material aus der Mundhöhle

Sind die hautgefährdenden Tätigkeiten ermittelt, müssen Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ergriffen werden. Geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Hauterkrankungen sind technische Maßnahmen wie z. B. die Benutzung vorhandener Absauganlagen, persönliche Maßnahmen, wie das Tragen von Schutzhandschuhen sowie die Anwendung von Hautschutzmitteln zur Stabilisierung der Hautbarriere.

Schutzmaßnahmen

Ziel ist die Vermeidung von allergischen und nicht allergischen Kontakt-ekzemen durch Kontaktvermeidung zu Allergenen.

Die meisten Hautgefährdungen lassen sich durch kontaktfreie Arbeitsverfahren und Techniken vermeiden. Wichtig ist, dass die Monomerflüssigkeit ohne Kontakt zur Haut in einem Gebinde mit Polymerpulver gemischt wird. Dabei ist darauf zu achten, dass die Monomerflüssigkeit nach Gebrauch sofort wieder verschlossen wird, da Monomere sowohl Schleimhäute als auch Haut reizen können und bei Hautkontakt zu Allergien führen können. Danach wird das flüssige Polymerisat ohne Hautkontakt vergossen und anschließend mit Instrumenten geglättet. Dieses Vorgehen ist sehr wichtig, da auch der inzwischen polymerisierte Kunststoff noch viele Monomere enthält!

Auch beim Beschleifen der Kunststoffe sollte der Kontakt zu Kunststoffstäuben gemieden werden, da Kunststoffstäube umso mehr Restmonomere enthalten, je kürzer die Polymerisation zurückliegt. Ebenso ist der Hautkontakt zu den vorgefertigten Kunststoffplatten strikt zu meiden. Zur Vermeidung einer Reizung der Atemwege durch die Monomerdämpfe muss die Absauganlage eingeschaltet sein. Die Benutzung der Sicherheitsscheibe schützt zusätzlich Gesicht, Augen und Atemwege.

Weiterhin sollten Zahntechniker auf das Tragen von hochgeschlossenen Laborkittel achten, da sich häufiger auch aerogene Kontaktekzeme in der Hals- und Dekolleté-Region von Zahntechnikern entwickeln.

Handschuhe

Ergänzend zu technischen Schutzmaßnahmen kann es bei einigen Tätigkeiten sinnvoll sein, zusätzlich geeignete Schutzhandschuhe zu tragen. Hinweise hierzu enthält der Punkt: Persönliche Schutzausrüstung.

Einmalhandschuhe aus Latex bieten keinen geeigneten Schutz gegenüber den Dentalkunststoffen. Für feinmanuelle Tätigkeiten sind im Dentallabor dünne, enganliegende Handschuhe z. B. aus Nitril mit guter Passform erforderlich. Dennoch sind diese Handschuhe sofort zu wechseln, wenn sie versehentlich mit reiner Monomerflüssigkeit z. B. durch Spritzer benetzt werden. Bei direktem Kontakt mit Monomerflüssigkeit werden auch Nitril-Handschuhe nach wenigen Minuten Einwirkung durchdrungen und schützen die Haut nicht mehr ausreichend.

Bei Feucht- und Gipsarbeiten sollten flüssigkeitsdichte Handschuhe, z. B. aus Nitril, möglichst mit Baumwollinnenbeschichtung oder mit Baumwoll-Unterziehhand-schuhen, die regelmäßig zu wechseln sind, getragen werden.

Hautschutzmittel

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Eine weitere Schädigung der Hautbarriere droht durch Austrocknung und durch eine dauernde Überbeanspruchung z. B. durch Wasch-, Reinigungs- und Desinfektions-mittel. Daher gehören Hygiene, Hautschutz und arbeitsmedizinische Vorsorgeunter-suchungen mit Beratung der Mitarbeiter zum Hautschutz als präventive Maßnahmen zu hautbelastenden Tätigkeiten dazu.

Im Laufe eines Arbeitstages erfährt die Hornschicht Belastungen, die oft allein durch die physiologische Regeneration während der arbeitsfreien Erholungsphase nicht mehr ausgeglichen werden können. Die Motivation der Beschäftigten zur konsequenten Umsetzung des Hautschutzplanes sollte im Betrieb erfolgen.

Unter dem Begriff Hautschutzmittel werden folgende Produkte zusammengefasst:

  • Mittel für den Schutz
  • Mittel für die Reinigung
  • Mittel für die Pflege

Welche Produkte die richtigen sind, hängt von der Art der Tätigkeit ab. Hilfestellung bei der Suche gibt das BG ETEM Portal Hand- und Hautschutz. Der Betriebsarzt kann bei der Auswahl beraten. Die Anwendung von Hautschutzmitteln unter feuchtigkeitsdichten Handschuhen ist grundsätzlich mit einem Betriebsarzt abzustimmen.

Eine gleichzeitige Anwendung kann nicht generell empfohlen werden, da es gegebenenfalls zu konkurrierenden Wirkungen zwischen den Schutzfunktionen kommen kann.

Festgelegte Schutzmaßnahmen können übersichtlich in einem Hautschutzplan niedergeschrieben werden. Der Hautschutzplan sollte am Handwaschplatz ausgehängt und mit allen Mitarbeitenden besprochen werden Unterweisung. Schutzhandschuhe sowie Hautschutz­, Reinigungs­ und Pflegemittel müssen Allen Mitarbeitenden zur Verfügung stehen.

„Hautarztverfahren“

Bei Hinweisen auf eine beginnende oder bestehende beruflich bedingte Hauterkrankung kann durch den Haut-­ oder Betriebsarzt ein „Hautarztverfahren“ bei der Berufsgenossenschaft (BG ETEM) initiiert werden. Ziel dieses Verfahrens ist es, eine Arbeitsunfähigkeit und in der Folge eine Berufserkrankung zu vermeiden. Dazu ist die Zusammenarbeit aller Beteiligten, Beschäftigte, Unternehmer, behandelnde Ärzte, Betriebsarzt, BG ETEM, notwendig. Die Berufsgenossenschaft prüft und veranlasst in Zusammenarbeit mit den anderen Beteiligten alle erforderlichen Maßnahmen, um die Erkrankung zu heilen oder zu lindern. Die Kosten, besonderer Haut­ und Handschutz, Medikamente, stationäre und ambulante Heilverfahren, übernimmt bei beruflicher Verursachung die Berufsgenossenschaft.

Unterweisung und Motivation

Technische und organisatorische Schutzmaßnahmen des Unternehmens können nur dann wirklich etwas bewirken, wenn sie akzeptiert, genutzt und sinnvoll durch persönliches Verhalten ergänzt werden. Häufig sind die Beschäftigten gerade im Umgang mit den hautschädigenden Stoffen sehr sorglos, denn Hautschäden werden oft erst nach einem langen Zeitraum, Monate bis Jahre, sichtbar.

Aus diesem Grund ist eine ausführliche Unterweisung wichtig.

Quellen/Medien:

  • Webcode: 21232498
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