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Mutterschutz und Jugendarbeitsschutz

Der Schutz von werdenden Müttern und des ungeborenen Kindes sowie von Beschäftigten, die unter 18 Jahre alt sind, zählt zu den Grundpflichten im Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Mutterschutz

Der Schutz von werdenden Müttern und des ungeborenen Kindes zählt zu den Grundpflichten im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Welche Pflichten müssen Vorgesetzte besonders beachten?

Eine Schwangerschaft ist Grund zur Freude für die Familie, die damit natürlich Verantwortung übernimmt. Ist die werdende Mutter berufstätig, dann trägt auch der Arbeitgeber eine besondere Verantwortung für den Schutz und die Erhaltung der Gesundheit der Schwangeren und des ungeborenen Kindes. Dies ist in der Industrie nicht anders als im Dentallaboratorium, obwohl sich die Tätigkeiten zum Teil deutlich unterscheiden.

Im aktuellen MuSchG vom 23.05.2017, das ab 01.01.2018 in Kraft getreten ist, sind Bestimmungen aus dem bisherigen Mutterschutzgesetz, MuSchG vom 20.06.2002, und der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz, MuScharbV vom 15.04.1997, zusammengefasst worden. Zusätzlich wurden einige Bestimmungen neu hinzugenommen. Für den Mutterschutz gilt das Risikominimierungsgebot in besonderem Maße. Schwangere oder stillende Frauen können in Einzelfällen auch einen über den normalen Umfang des Arbeitsschutzes hinausgehenden Schutz benötigen. Der Arbeitgeber hat bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen einer schwangeren oder stillenden Frau jetzt alle erforderlichen Maßnahmen für den Schutz ihrer physischen und psychischen Gesundheit zu treffen. Soweit es verantwortbar ist, ist der Frau auch während der Schwangerschaft, nach der Entbindung oder in der Stillzeit die Fortführung ihrer Tätigkeiten zu ermöglichen. Neu eingeführt wurde im MuSchG der Begriff der “nicht hinnehmbaren, unverantwortbaren, Gefährdung“. Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. (§ 9 MuSchG).

Eine schwangere Frau soll ihrem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald sie weiß, dass sie schwanger ist. Eine stillende Frau soll ihrem Arbeitgeber so früh wie möglich mitteilen, dass sie stillt, § 15 MuSchG. Eine Rechtspflicht zur Mitteilung wird damit nicht begründet.

Welche Pflichten hat die Unternehmensleitung?

Die Pflichten des Arbeitgebers unterteilen sich in:

  1. Mitteilungspflicht
    Der Arbeitgeber hat die Aufsichtsbehörde unverzüglich zu benachrichtigen, wenn eine Frau ihm mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder dass sie stillt, § 27 MuSchG. Mutterschutzrecht ist Landesrecht, maßgebend für die Meldung an die zuständige Landesbehörde ist der Beschäftigungsort der werdenden Mutter.
  2. Prüfpflichten
    Neu ist, dass der Arbeitgeber jetzt für jeden Arbeitsplatz eine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG zu erstellen hat, egal ob an einem bestimmten Arbeitsplatz Frauen arbeiten oder ob eine Beschäftigte schwanger ist, da sämtliche Arbeitsplätze generell geschlechtsneutral auszuschreiben sind. Der Arbeitgeber hat jetzt für jede Tätigkeit auch die Gefährdungen nach Art, Ausmaß und Dauer zu beurteilen, denen eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind ausgesetzt ist oder sein kann, § 10 MuSchG. Damit ist der Arbeitgeber nicht erst nach Bekanntgabe der Schwangerschaft oder des Stillens verpflichtet, den Arbeitsplatz der Beschäftigten mit Blick auf mögliche gesundheitliche Gefahren hin zu überprüfen. Er kann sich wie bisher von der Sicherheitsfachkraft oder dem Betriebsarzt zu seiner Gefährdungsbeurteilung beraten und unterstützen lassen. Grundlage für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen schwangere oder stillender Frauen sind die Regelungen des MuSchG, Hinweise zur ihrer Umsetzung geben die zuständigen Aufsichtsbehörden der Bundesländer.
  3. Gefährdungsbeurteilung
    Die Feststellung, ob eine unverantwortbare Gefährdung der schwangeren oder stillenden Frau vorliegt, erfolgt im Rahmen der nach den Regelungen des MuSchG verpflichtend durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber. Nach Mitteilung der Schwangerschaft bzw. des Umstandes des Stillens hat der Arbeitgeber der werdenden/stillenden Mutter ein Gespräch über weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen anzubieten. Die Gefährdungsbeurteilung und das Gesprächsangebot bzw. das durchgeführte Gespräch sind zu dokumentieren, § 14 MuSchG.
    Sobald eine Frau dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder stillt, muss er unverzüglich die in der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Schutzmaßnahmen umsetzen. Sind Schutzmaßnahmen erforderlich, die noch nicht in Kraft gesetzt wurden, darf der Arbeitgeber die stillende oder schwangere Frau mit den entsprechenden Tätigkeiten nicht beschäftigen.

Welche Tätigkeiten bergen besondere Expositionen?

Schwangerschaft und Gefahrstoffe
Bei Gefahrstoffexposition ist das Führen eines vollständigen Gefahrstoffkatasters Voraussetzung für die Gefährdungsbeurteilung. Die schwangere Frau darf nicht beschäftigt werden, wenn sie Gefahrstoffen mit folgender Bewertung bei bestimmungsgemäßem Umgang ausgesetzt ist, § 11 MuSchG:

  • reproduktionstoxisch, fruchtbarkeitsgefährdend und fruchtschädigend, nach der Kategorie 1A, 1B oder 2 oder nach der Zusatzkategorie für Wirkungen auf oder über die Laktation,
  • keimzellmutagen, erbgutverändernd, nach der Kategorie 1A oder 1B,
  • karzinogen, krebserzeugend, nach der Kategorie 1A oder 1B,
  • spezifisch zielorgantoxisch nach einmaliger Exposition nach der Kategorie 1, STOT SE 1, eindeutig toxisch bei einmaliger Exposition des Menschen, auch ermittelt durch Tierversuche,
  • akut toxisch nach der Kategorie 1, 2 oder 3, sehr hohe, hohe, mittlere Giftwirkung als gewichtsbezogene mittlere tödliche Dosis LD-50,
  • Blei oder Bleiderivate, soweit die Gefahr besteht, dass diese Stoffe vom menschlichen Körper aufgenommen werden,
  • ausgewiesene Gefahrstoffe, die auch bei Einhaltung der arbeitsplatzbezogenen Vorgaben möglicherweise zu einer Fruchtschädigung führen können.

Eine unverantwortbare Gefährdung im Sinne des  MuSchG gilt insbesondere als ausgeschlossen, wenn

  • für den jeweiligen Gefahrstoff die arbeitsplatzbezogenen Vorgaben eingehalten werden und der Stoff bei Einhaltung der arbeitsplatzbezogenen Vorgaben hinsichtlich einer Fruchtschädigung als sicher bewertet wird, oder
  • der Gefahrstoff nicht in der Lage ist, die Plazentaschranke, Barriere im Mutterkuchen, zu überwinden oder aus anderen Gründen ausgeschlossen ist, dass eine Fruchtschädigung eintritt, oder
  • der Gefahrstoff nicht als reproduktionstoxisch nach der Zusatzkategorie für Wirkungen auf oder über die Laktation zu bewerten ist, § 11 MuSchG.

Als krebserzeugend nach Kategorie 1B sind z. B. Cobaltstäube eingestuft, die bei der Ver- und Bearbeitung von Nichtedelmetalllegierungen, Chrom- Cobalt- und Molybdänlegierungen, freigesetzt werden. Gleiches gilt für Tätigkeiten mit Quarz- und Cristobalit-haltigen Einbettmassen, wie das Einbetten, Ausbetten und Strahlen. Werden beim Einbetten noch Muffelvliesmaterialien eingesetzt, bestimmte Aluminiumsilikatfasern, die als krebserzeugend nach Kategorie 1B eingestuft sind, müssen auch diese Tätigkeiten gemieden werden oder aber das Muffelvlies durch ungefährliche, nicht eingestufte Materialien ersetzt werden. Informationen, ob ein Produkt Anteile von krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Stoffen enthält, kann man dem Sicherheitsdatenblatt entnehmen.

Schwangerschaft und biologische Arbeitsstoffe
Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie in einem Maß mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 2, 3 oder 4 nach § 3 der Biostoffverordnung (BioStoffV) in Kontakt kommen kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Eine unverantwortbare Gefährdung liegt insbesondere vor, wenn die schwangere Frau mit folgenden Biostoffen in Kontakt kommen kann:

  • Biostoffe, die in die Risikogruppe 4 nach BioStoffV einzustufen sind,
  • Rötelnvirus oder Toxoplasma (§ 11 MuSchG).

Eine unverantwortbare Gefährdung gilt insbesondere als ausgeschlossen, wenn die schwangere Frau über einen ausreichenden Immunschutz gegen die o. g. Biostoffe verfügt. Die werdende und stillende Mutter darf nicht mit Stoffen, Zubereitungen oder Erzeugnissen, die erfahrungsgemäß Krankheitserreger übertragen können, umgehen, wenn sie den Krankheitserregern ausgesetzt ist. Der Arbeitgeber muss gemäß Anhang IV BioStoffV den Arbeitnehmerinnen eine arbeitsmedizinische Untersuchung und bei nicht ausreichender Immunität entsprechende Impfungen anbieten. Hinweise zum betriebsärztliches Vorgehen nach Meldung einer Schwangerschaft geben die Aufsichtsbehörden der jeweiligen Bundesländer.

Tätigkeiten mit möglicherweise infektiös kontaminierten Materialien und Werkstücken mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 2, 3 oder 4 dürfen nicht ausgeführt werden. Dies betrifft z. B. das Auspacken und Desinfizieren von Abformungen und zahntechnischen Werkstücken. Erst nach einer wirksamen Desinfektion können zahntechnische Tätigkeiten, sofern diese nicht weiteren Restriktionen unterliegen, durch Schwangere durchgeführt werden.

Schwangerschaft und physikalische Gefährdungen
Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie physikalischen Einwirkungen in einem Maß ausgesetzt sein kann, dass dies für sie oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Als mögliche unverantwortbare Gefährdungen sind insbesondere sind zu berücksichtigen:

  • ionisierende und nicht ionisierende Strahlungen,
  • Erschütterungen, Vibrationen und Lärm,
  • Hitze, Kälte und Nässe (§ 11 MuSchG).

Weiterhin darf der Arbeitgeber eine schwangere Frau keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie körperlichen Belastungen oder mechanischen Einwirkungen in einem Maß ausgesetzt ist oder sein kann, dass dies für sie oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt.

Bei folgenden Tätigkeiten besteht für schwangere Frauen ein Beschäftigungsverbot:

  • Akkordarbeit oder sonstige Arbeiten, bei denen durch ein gesteigertes Arbeitstempo ein höheres Entgelt erzielt werden kann,
  • Fließarbeit oder
  • getaktete Arbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo, wenn die Art der Arbeit oder das Arbeitstempo für die schwangere Frau oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt (§ 11 MuSchg).

Rangfolge der Maßnahmen zum Schutz der werdenden und stillenden Mütter

Eine schwangere oder stillende Frau ist auf ihrem Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen, solange dies keine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Aufgrund seiner Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber Maßnahmen zum Schutz der werdenden oder stillenden Mutter treffen. Die Rangfolge der Schutzmaßnahmen ist:

  1. Umgestaltung der Arbeitsbedingungen
  2. Arbeitsplatzwechsel
  3. Betriebliches Beschäftigungsverbot

Ist eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nicht möglich, oder wegen des unverhältnismäßigen Aufwandes nicht zumutbar, hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen für einen Arbeitswechsel zu treffen. Ist dies auch nicht möglich, hat der Arbeitgeber nur noch die Möglichkeit, die werdende oder stillende Mutter auf Grund eines generellen Beschäftigungsverbotes freizustellen (§ 13 MuSchG).

Liegemöglichkeit
Zum Ausruhen während der Pausen und, wenn es erforderlich ist, auch während der Arbeitszeit, ist es den werdenden oder stillenden Müttern zu ermöglichen, sich auf einer Liege in einem geeigneten Raum hinzulegen und auszuruhen (§ 6 Arbeitsstättenverordnung).

Jugendarbeitsschutz

Das Jugendarbeitsschutzgesetz gilt für die Beschäftigung von Personen, die unter 18 Jahre alt sind.

Eine jugendliche Person, die in das Berufsleben eintritt, darf nur beschäftigt werden, wenn eine Bescheinigung über eine Erstuntersuchung, Jugendarbeitsschutzuntersuchung, vorliegt. Bei dieser Untersuchung werden vor allem die für die Tätigkeiten wichtigen körperlichen Fähigkeiten untersucht; der Arzt begutachtet, ob die Tätigkeiten die Gesundheit oder Entwicklung der jugendlichen Person gefährden können. Enthält die Bescheinigung des Arztes einen Vermerk über Arbeiten, die die Gesundheit oder die Entwicklung des Jugendlichen gefährden könnten, so darf der/die Jugendliche mit solchen Arbeiten nicht beschäftigen. Die zuständige Aufsichtsbehörde – z. B. Gewerbeaufsichtsamt – kann Ausnahmen zulassen.

Ein Jahr nach Aufnahme der ersten Beschäftigung muss der/die Jugendliche die Bescheinigung eines Arztes über eine Nachuntersuchung vorlegen; dies ist nicht nötig, wenn die Person inzwischen 18 Jahre alt ist. Bei der Nachuntersuchung wird ermittelt, ob sich die Tätigkeiten negativ auf die Gesundheit des Jugendlichen ausgewirkt haben oder auswirken werden. Hat der/die Jugendliche diese Bescheinigung nicht spätestens 14 Monate nach Aufnahme der ersten Beschäftigung beigebracht, darf die Person bis zur Vorlage der Bescheinigung nicht mehr beschäftigt werden.

Die Bescheinigungen müssen mindestens drei Jahre aufbewahrt werden. Die Kosten für die Untersuchungen trägt das Land.

Der Arbeitgeber hat die Jugendlichen vor Beginn der Beschäftigung und bei wesentlicher Änderung der Arbeitsbedingungen über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Beschäftigung ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu unterweisen. Die Unterweisungen sind in angemessenen Zeitabständen, mindestens aber halbjährlich, zu wiederholen und zu dokumentieren.

Quellen/Medien:

  • Webcode: 21581224
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