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Betriebsärztliche Betreuung
Hauptaufgabe des Betriebsarztes oder der Betriebsärztin ist es, den Unternehmer in allen Fragen des Arbeitsschutzes zu beraten, weiterhin betreut und berät er die Mitarbeiter am Arbeitsplatz. Bei bestimmten Gefährdungen werden die Mitarbeiter arbeitsmedizinisch beraten und ggf. untersucht.
Gesundheitliche Gefährdungen der Mitarbeiter sind in Klein- und Mittelbetrieben keineswegs geringer als in Großbetrieben. Folgerichtig wurde deshalb auf der Grundlage einer Richtlinie der Europäischen Union die betriebsärztliche Betreuung von Kleinbetrieben im deutschen Recht verankert, und zwar im Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“, DGUV Vorschrift 2. Jeder Unternehmer, der Arbeitnehmer beschäftigt, muss für die betriebsärztliche Betreuung seines Betriebes sorgen.
Sinn der betriebsärztlichen Betreuung ist es,
- arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu erkennen und die Mitarbeiter davor zu schützen
- entstehende Krankheiten frühzeitig zu erkennen, um sie rechtzeitig behandeln zu können, und die Arbeitsbedingungen zu verbessern, die die Krankheit verursachen
- besondere arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen zu erkennen, die durch die körperliche Konstitution, den Gesundheitszustand, Vorerkrankungen und das Leistungsbild des Mitarbeiters bedingt sein können, und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Weil durch die arbeitsmedizinische Betreuung arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren und aufkommende Erkrankungen frühzeitig erkannt werden, kann die Zahl der Ausfalltage der Mitarbeiter reduziert werden. Die arbeitsmedizinische Betreuung der Mitarbeiter leistet dadurch einen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit des Unternehmens; die Kosten der Betreuung können durch die Verringerung der Fehlzeiten wegen arbeitsbedingter Erkrankungen und Arbeitsunfällen mehrfach ausgeglichen werden.
Im Unternehmermodell ist die betriebsärztliche Betreuung speziell auf die Belange von Kleinbetrieben zugeschnitten. Das Unternehmermodell ist eine Form der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung für Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten, bei der der Unternehmer selbst einen Teil der Aufgaben übernimmt.
Bei der Feststellung der Zahl der Beschäftigten zur Zuordnung der Betreuungsmodelle sind Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Als Beschäftigte zählen auch Personen, die nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz im Betrieb tätig sind.
Kein Handlungsbedarf besteht für Betriebe, die nie Arbeitnehmer beschäftigten, auch keine Leiharbeitnehmer, Auszubildende, Praktikanten oder Aushilfen.
Betriebe mit durchschnittlich mehr als 50 Beschäftigten müssen ohne Ausnahme die Regelbetreuung nachweisen. Diejenigen Kleinbetriebe, die nicht am Unternehmermodell teilnehmen, müssen die Regelbetreuung mit festen Betreuungsfristen bzw. die Regelbetreuung mit Grund- und betriebsspezifischer Betreuung nachweisen.
Informationen zum Unternehmermodell unter www.bgetem.de, Webcode 12108806.
Wichtig ist, dass die betriebsärztliche Beratung und Betreuung nur durch Ärzte mit „arbeitsmedizinischer Fachkunde“ erfolgen kann. Die ist gegeben, wenn der Arzt nach entsprechender Ausbildung die Facharztbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ führen darf.
Aufgaben des Betriebsarztes
Wann genau der Betriebsarzt für den Betrieb tätig wird, bestimmt der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Gefährdungen und Belastungen im Betrieb. Darüber hinaus ist der Betriebsarzt immer dann hinzuziehen, wenn besondere Umstände dies erfordern, wie z. B.
- zu chemischen, physikalischen und biologischen Gefährdungen, Gefahrstoffe, Stäube, Lärm
- zur Gestaltung der Arbeitsplätze und der Arbeitsabläufe, z. B. Heben, Tragen, Bücken, Absturzgefahr, Arbeitszeitregime, Schichtarbeit
- zu arbeitsbedingten Gefährdungen, auch psychischer Art, durch Arbeitsaufgabe, Arbeitsgestaltung, Arbeitsumgebung, Arbeitsablauf und Arbeitsorganisation
- zur Auswahl und Benutzung geeigneter persönlicher Schutzausrüstung (PSA) wie z. B. Atem-, Gehör-, Hand- und Fußschutz Beratung zur Auswahl und Anwendung geeigneten Hautschutzes
- zu Einsatzmöglichkeiten von Mitarbeitern mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Rückenkranke, Epileptiker, Diabetiker, Herzkranke etc., ggf. verbunden mit einer Umgestaltung des Arbeitsplatzes, für die der Betriebsarzt auch Quellen für materielle oder finanzielle Zuschüsse benennen kann
- bei der Organisation der Ersten Hilfe
- zur arbeitsmedizinischen Vorsorge der Beschäftigten
Wertvolle Beratung und Hilfe leistet der Betriebsarzt auch bei der Gefährdungsbeurteilung.
Wann genau der Betriebsarzt für den Betrieb tätig wird, bestimmt der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Gefährdungen und Belastungen im Betrieb. Darüber hinaus ist der Betriebsarzt immer dann hinzuziehen, wenn besondere Umstände dies erfordern, wie z. B.
- Veränderung der Arbeitsplätze oder Arbeitsabläufe
- Planung, Errichtung oder Änderung von Betriebseinrichtungen
- Auftreten von Erkrankungen oder Gesundheitsbeschwerden, die arbeitsbedingt sein können, wie z. B. Rückenbeschwerden durch falsches oder zu schweres Heben und Tragen oder Hauterkrankungen durch bestimmte allergisierende oder reizende Stoffe in Klebern, Härtern oder Gießharzen
- Einführung neuer Arbeitsverfahren, wenn diese eine gesundheitliche Belastung der Mitarbeiter zur Folge haben können
- Einführung neuer Arbeitsstoffe, wenn diese eine erhöhte oder veränderte Gefährdung mit sich bringen können
- Erkrankungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen, die Einfluss auf die Einsatzfähigkeit am Arbeitsplatz haben können, z. B. Blutzuckerkrankheit
- Suchterkrankung, Alkohol oder Drogen
- auf Wunsch von Beschäftigten
- und wenn eine Mitarbeiterin schwanger ist.
Außerdem ist der Betriebsarzt kompetenter Berater für Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung, z. B. Rückenschule, Entspannungstraining, Ernährungsberatung, in die er in Absprache mit dem Arbeitgeber weitere Spezialisten einbeziehen kann.
Wenn neue Mitarbeiter eingestellt werden, müssen möglicherweise einige spezielle Untersuchungen durchgeführt werden. Eine darüberhinausgehende allgemeine Einstellungsuntersuchung ist zwar keine Pflicht, aber oft sinnvoll, um nicht erst später mit Leistungsbeschränkungen des Mitarbeiters konfrontiert zu werden.
Mit Einstellungsuntersuchungen bzw. der arbeitsmedizinischen Vorsorge wird am besten der/die betreuende Betriebsarzt/ärztin beauftragt. Er/Sie kennt die Arbeitsbedingungen im Betrieb. Auch die im Jugendarbeitsschutzgesetz geforderten Untersuchungen sind bei dem Betriebsarzt in kompetenter Hand.
So finden Sie einen Betriebsarzt
Betriebsärzte stehen im örtlichen Telefonbuch und den Gelben Seiten unter Stichworten wie Arbeitsmedizin/Arbeitsschutz/Ärzte für Arbeitsmedizin.
Komfortabler ist die Suche im Internet:
- www.vdbw.de
- www.vdri.de
- www.betriebsaerzte.de
- www.telefonbuch.de
- www.gelbeseiten.de
- oder über eine Suchmaschine, Stichwort „Betriebsärzte“.
Im Netzwerk Betriebsärzte der BG ETEM sind qualifizierte und erfahrene Betriebsärzte für die speziellen Anforderungen von Kleinbetrieben aufgeführt: Weitere Infos unter www.bgetem.de, Webcode 12256057.
Betriebsärzte berechnen ihre Leistungen nach Aufwand. Betriebsärzte können jederzeit gewechselt oder auch mehrere Betriebsärzte ausgewählte werden, z. B. für verschiedene Betriebsstätten. Mitarbeiter müssen darüber informiert sein, welcher Betriebsarzt bei Bedarf anzusprechen ist, in welchen Fällen die Mitarbeiter ein Recht auf Beratung und Untersuchung durch den Betriebsarzt haben und wie sie dieses Recht wahrnehmen können. Für diese Information eignet sich am besten ein „Betriebsarzt-Aushang“ (siehe unten "Quellen/Medien").
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Die Tätigkeiten und daraus resultierende gesundheitliche Belastungen können von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich sein. Folgende gesundheitliche Gefährdungen können vorkommen:
- Gefährdungen der Haut durch mechanische und oder chemische Einwirkungen von Gefahrstoffen
- Gefährdungen des Gehörs durch Überschreiten der zulässigen Schalldruckpegel, Lärm, bei Arbeiten an und mit Maschinen
- Gefährdungen der Atemwege, z. B. durch Einatmen von Dämpfen oder Aerosolen, Nebeln
- Gefährdungen der Atemwege und der inneren Organe durch krebserzeugende Stoffe, z. B. Cobalt und Quarz
- Gefährdungen des Muskel-Skelett-Systems durch nicht ergonomisches Arbeiten
- Gefährdungen der Augen bei Bildschirmarbeit im Büro.
Je nachdem, welche Gefährdungen Sie im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgestellt haben, ist die im Folgenden genannte arbeitsmedizinische Vorsorge verbindlich.
Arbeitsmedizinische Vorsorge dient der persönlichen Aufklärung und Beratung der Beschäftigten über die möglichen Auswirkungen ihrer Arbeit auf die Gesundheit. Möglichen arbeitsbedingten Erkrankungen soll so vorgebeugt werden oder bereits eingetretene Krankheiten frühzeitig erkannt werden. Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist ein wichtiger Teil der arbeitsmedizinischen Präventionsmaßnahmen im Betrieb und leistet einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit. Sie dient allerdings nicht dazu, die Eignung oder Tauglichkeit der Beschäftigten für bestimmte Tätigkeiten zu ermitteln.
Die arbeitsmedizinische Vorsorge besteht aus einem ärztlichen Beratungsgespräch und ggf. Untersuchungen, die der Beschäftigte aber ablehnen kann. Die arbeitsmedizinische Vorsorge soll während der Arbeitszeit stattfinden.
Der Betriebsarzt kann kompetent bei der richtigen Auswahl der arbeitsmedizinischen Vorsorge beraten. Entsprechende gesetzliche Regelungen befinden sich in der staatlichen Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).
Pflichtvorsorge
Diese muss der Unternehmer den Beschäftigten unter bestimmten Umständen anbieten, z. B. bei Überschreitung von Arbeitsplatzgrenzwerten (AGW) für Gefahrstoffe, Überschreitung von Lärmgrenzwerten oder bei besonders hoher Infektionsgefährdung. Pflichtvorsorge muss der Arbeitnehmer wahrnehmen. Die Vorsorge muss vor Aufnahme der Tätigkeit und dann in regelmäßigen Abständen erfolgen. Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) sieht die Pflichtvorsorge u. a. vor
- bei Tätigkeiten mit bestimmten Lösemitteln, Epoxidharzen oder hautresorptiven Stoffen, unter Staubarbeiten oder bei mehrstündiger Feuchtarbeit, wozu auch das Tragen flüssigkeitsdichter Handschuhe zählt
- bei Tätigkeiten im Lärmbereich bei über 85 dB(A)
- für Mitarbeiter, die länger als 30 Minuten am Tag eine Atemschutzmaske, z. B. mit FFP2- oder FFP3-Filter, tragen müssen.
Angebotsvorsorge
Diese muss der Unternehmer seinen Beschäftigten zwar anbieten, sie muss aber von den Beschäftigten nicht wahrgenommen werden – sie ist folglich keine Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit. Angebotsvorsorge ist aufgeführt im Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) für z. B.
- Tätigkeiten mit bestimmten Gefahrstoffen
- Tätigkeiten am Bildschirm: Sehtest und Beratung
- Arbeiten im Lärm bei 80 bis 85 dB(A)
Wunschvorsorge
Über die Pflicht- und Angebotsvorsorge hinaus muss der Unternehmer seinen Beschäftigten unabhängig von bestimmten Tätigkeiten arbeitsmedizinische Vorsorge gewähren. Diesen Wunsch müssen Beschäftigte eigenständig beim Arbeitgeber zum Ausdruck bringen.
Wer trägt die Kosten?
Die Kosten für den Einsatz des Betriebsarztes und für die arbeitsmedizinische Vorsorge einschließlich damit zusammenhängender Leistungen trägt der Unternehmer, DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“.
Anders als in der Krankenversicherung sind die Verträge zwischen dem Unternehmer und dem Betriebsarzt frei zu vereinbaren. Oft lohnt es sich, verschiedene Angebote einzuholen und genau nachzufragen, welche Leistungen im Angebot enthalten sind und ob Branchenkenntnisse und -erfahrungen vorliegen. Vermeintlich günstige Angebote können bei Berücksichtigung aller nötigen Kosten und Leistungen teuer sein. Die endgültige Entscheidung darüber, welcher Betriebsarzt den Betrieb betreut, trifft der Unternehmer.
Die ärztliche Schweigepflicht
Arbeitsmediziner und Betriebsärzte unterliegen wie alle Ärzte der Schweigepflicht. Sollen medizinische Einzelheiten an Dritte weitergegeben werden, z. B. Arbeitgeber oder Hausarzt, bedarf das der Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers, schriftliche Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht.
Ohne Entbindung von der Schweigepflicht erhält der Arbeitgeber über durchgeführte arbeitsmedizinische Vorsorge lediglich eine Bescheinigung ohne Diagnosen. Der Arzt ist aber verpflichtet, den Arbeitgeber darüber zu informieren, wenn nach seiner Ansicht die im Betrieb getroffenen Schutzmaßnahmen nicht ausreichen.
Quellen/Medien:
- Webcode: 21578760
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