Betriebsanweisungen

Erstellen von Betriebsanweisungen für Gefahrstoffe

Das sichere Arbeiten mit Gefahrstoffen und Maschinen wird in den meisten Fällen vom sicherheitsgerechten Verhalten der Beschäftigten am Arbeitsplatz mitbestimmt. Oft sind fehlende Kenntnisse über die Gefährlichkeit eines bestimmten Produktes sowie der zur Gefahrenabwehr erforderlichen Schutzmaßnahmen Ursache für schwerwiegende Arbeitsunfälle und Berufserkrankungen.

1. Verantwortung und Motivation
Für die Erstellung der Betriebsanweisungen ist nach der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) der Arbeitgeber verantwortlich. In der Praxis ist es üblich, dass der Arbeitgeber Pflichten an nachgeordnete Vorgesetzte bzw. auch fachkundige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Beauftragte überträgt. Diese Übertragung ist abhängig von der Betriebsgröße, ­organisation und Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es gehört zu den Aufgaben der Vorgesetzten, Betriebsanweisungen zu erarbeiten.

Der oder die Vorgesetzte hat maßgeblich Einfluss auf das „richtige“ Verhalten der Beschäftigten. Das Sensibilisieren für mögliche Gefahren als Voraussetzung für sicheres Verhalten am Arbeitsplatz gehört mithin zum Verantwortungsbereich der Vorgesetzten.

2.1 Anforderungen an eine Betriebsanweisung
Während die Notwendigkeit der Erarbeitung einer Betriebsanweisung in § 14  der GefStoffV dargestellt ist, enthält die TRGS 555 „Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten“ ergänzend konkrete Hinweise zum Inhalt, der Gestaltung und Form eines solchen Dokuments.

Betriebsanweisungen sind erforderlich bei Tätigkeiten mit eingesetzten Gefahrstoffen und auch dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass solche Stoffe bei Tätigkeiten oder Prozessen entstehen oder freigesetzt werden können. Basis für die Erstellung von Betriebsanweisungen ist die Kenntnis über gefährliche Stoffeigenschaften und die durchzuführende Tätigkeit.

Betriebsanweisungen müssen arbeitsplatz­ und tätigkeitsbezogen sein. Sie geben Beschäftigten eindeutig und unmissverständlich Verhaltensregeln und Vorgaben für die sichere Durchführung von Tätigkeiten.

Auf jeder Betriebsanweisung muss erkennbar sein, für welchen Arbeitsplatz bzw. welche Tätigkeit sie gültig ist. Die Betriebsanweisung soll außerdem mit einem Ausgabedatum und der Unterschrift der oder des verantwortlichen Vorgesetzten versehen werden. Dadurch wird die Bedeutung der Betriebsanweisung als Anweisung deutlich gemacht.

Betriebsanweisungen sind in verständlicher Form und in einer für die Beschäftigten verständlichen Sprache abzufassen. Das kann unter Umständen bedeuten, dass die Dokumente bei Bedarf in Fremdsprachen erstellt werden müssen. Der Text sollte einfach auf­gebaut und gut verständlich sein. 

Es müssen eindeutige und erfüllbare Aussagen getroffen werden. Es sind nur die Gefahren und Verhaltensregeln zu beschreiben, die für den speziellen Arbeitsplatz zutreffen bzw. auf die der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin selbst reagieren und Einfluss nehmen kann.

Das bedeutet u. a. auch, dass im Einzelfall Gefahrenhinweise, insbesondere Sicherheitshinweise der Gebindekennzeichnung, nicht einfach übernommen sondern durch tätigkeitsspezifische Angaben ergänzt werden. Die Aussage „Schutzbrille tragen“ reicht z. B. nicht aus, die zu benutzende Schutzbrille muss eindeutig benannt werden.

Betriebsanweisungen sind ständig zu aktualisieren, d. h. stets an neue Erkenntnisse anzupassen. Sobald Arbeitsbedingungen sich ändern, neue Erkenntnisse sich aus der betrieblichen Praxisergeben oder Vorschriften sich ändern sind Betriebsanweisungen anzupassen

Die einheitliche Gestaltung der Dokumente (innerhalb eines Betriebes) hat sich in der Praxis bewährt. Es ist empfehlenswert, Betriebsanweisungen für die Bedienung von Maschinen oder für Arbeitsverfahren einheitlich in Blau und für Gefahrstoffe in Rot zu gestalten.

Betriebs­, Bedienungs­ und Gebrauchsanleitungen von Geräten oder auch Sicherheitsdatenblätter von Gefahrstoffen sind keine Betriebsanweisungen. Auch die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung ersetzt nicht die an die Beschäftigten gerichtete Betriebsanweisung.

Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung aufgrund der Arbeitsbedingungen für bestimmte Tätigkeiten eine nur „geringe Gefährdung“, muss keine Betriebsanweisung für diese Tätigkeiten erstellt und keine gefahrstoffspezifische Unterweisung durchgeführt werden (siehe TRGS 555 Nummer 1).

Bedingungen für Tätigkeiten mit geringer Gefährdung:

  • geringe verwendete Stoffmenge
  • nach Höhe und Dauer niedrige Exposition
  • auf die Minimierung der Exposition ausgerichtete Arbeitsbedingungen
  • geringe gefährliche Eigenschaften des Gefahrstoffs

Beispiele für Tätigkeiten mit geringer Gefährdung sind geringfügige Klebearbeiten im Büro oder das Reinigen von PC­Bildschirmen mit handelsüblichen Glasreinigern. Weitere Informationen zur geringen Gefährdung sind der TRGS 400 „Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ zu entnehmen.

Tätigkeiten mit geringer Gefährdung können nicht sein:

  • Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die mit „Ätz­/Reizwirkung auf die Haut Kategorie 1/1A/1B/1C; H314“ gekennzeichnet sind, wenn ein Hautkontakt gemäß TRGS 401 nicht ausgeschlossen werden kann
  • Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in engen Räumen und Behältern
  • Tätigkeiten mit Flüssigkeiten, bei denen eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre entstehen kann. Dies kann schon bei geringen Flüssigkeitsmengen (im ml­Bereich) der Fall sein.

2.2 Bekanntmachen der Betriebsanweisung und Unterweisung der Beschäftigten
Die GefStoffV fordert in § 14 (1), dass eine Betriebsanweisung den Beschäftigten zugänglich sein muss, z. B. durch Aushängen im Arbeitsbereich bzw. in der Nähe des Arbeitsplatzes. Die Betriebsanweisung muss für die Beschäftigten auch zu jeder Zeit gut zugänglich sein. In der Praxis wird dies z. B. erreicht durch:

  • Auslegen im Arbeitsbereich/am Arbeitsplatz
  • Betriebsanweisungen als Bestandteil der Arbeitsmappe im Fahrzeug

Ungeeignet für ein Bekanntmachen sind z. B. elektronische Speichermedien (betriebsinterne Netzwerke), für die Passwörter erst erfragt werden müssen. Betriebsanweisungen sollten nicht ausschließlich digital vorhanden sein. Fehlende Passwörter oder eine notwendige Dateisuche schränken dann einen sofortigen Zugriff ein.

Prinzipiell ist für jeden Gefahrstoff bzw. für jedes Gemisch am Arbeitsplatz eine Betriebsanweisung zu erstellen. Dies führt jedoch an einigen Arbeitsplätzen schnell zu einer unübersichtlichen „Plakatierung“. Deshalb ist es sinnvoll, Informationen für gleichartige Gefahrstoffe, wie z. B. Säuren, in einer einzigen Betriebsanweisung zusammenzufassen.

Anhand der Betriebsanweisung muss vor Aufnahme einer Tätigkeit und danach regelmäßig, mindestens jährlich, eine Unterweisung durch die oder den Vorgesetzten erfolgen. Diese kann ebenso aus besonderem Anlass erforderlich sein, z. B. nach Unfällen oder Störungen. Die Verantwortung dafür kann den Vorgesetzten niemand nehmen. Die Unterweisung dient u. a. auch dazu, die Betriebsanweisung ausführlich zu erläutern.

Schema 'vom Sicherheitsdatenblatt zur Betriebsanweisung'  (nach Anhang zur TRGS 555)
Schema 'vom Sicherheitsdatenblatt zur Betriebsanweisung' (nach Anhang zur TRGS 555)

2.3 Vorgehensweise bei der Erstellung einer Betriebsanweisung
Die wichtigste Informationsquelle stellt das Sicherheitsdatenblatt dar. Gemäß TRGS 555 können insbesondere stoffspezifische Informationen aus dem Sicherheitsdatenblatt (SDB) in die entsprechenden Teile der Betriebsanweisung übernommen werden.

Für eine einheitliche Gestaltung der Betriebsanweisung empfiehlt sich die Verwendung eines Mustervordrucks. Verbleiben trotzdem Ungewissheiten über die Gefährdungen bei Tätigkeiten mit dem Gefahrstoff, empfiehlt sich diesbezüglich eine gesonderte Anfrage beim Hersteller/Lieferanten.

Nach der Übernahme der allgemeinen und stoffspezifischen Inhalte muss die Betriebsanweisung um tätigkeitsspezifische Angaben (z. B. Arbeitsplatzreinigung durch Absaugen oder Feuchtwischen) und betriebsspezifische Angaben (Alarmplan, Notrufnummern, zu benachrichtigende Personen etc.) ergänzt werden.

Auch für andere Arbeitsplätze können Betriebsanweisungen zweckmäßig sein. Muster finden Sie in unserem Medienportal unter https://medien.bgetem.de und in unserer Rubrik „Arbeitshilfen“.

Quellen:

  • MB 029
  • TRGS 555
  • TRGS 400
  • GefStoffV
  • Webcode: 25347720